Behinderung

Eingliederungshilfe: Anspruch, Dauer und Höhe der Leistungen

26. September 2022 von Camille - 7 Minuten Lesezeit

Eingliederungshilfe: Anspruch, Dauer und Höhe der Leistungen

Die Eingliederungshilfe ist eine staatliche Leistung, die Mensche mit Behinderung die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erleichtern soll. Sie möchten wissen, wer Anspruch auf diese Hilfeleistung hat und wie sie beantragt werden kann? Dein Hilfexpert hat die Antwort auf all Ihre Fragen.

Was ist die Eingliederungshilfe?

Die Eingliederungshilfe ist eine Sozialleistung, die Menschen mit Behinderung bzw. mit drohender Behinderung helfen soll, ein gleichberechtigtes und selbstbestimmtes Leben zu führen. Konkret handelt es sich sowohl um Sach-, Geld- und Dienstleistungen, die für vier verschiedenen Bereichen beantragt werden können:

  1. Medizinische Rehabilitation: Förderungen, die die Beeinträchtigung der betroffenen Menschen vorbeugen, mildern oder ausgleichen, z.B. Aufenthalt in einer Kurklinik.
  2. Teilhabe an Bildung: Förderungen, die die schulische bzw. hochschulische Ausbildung ermöglichen, z.B. Fernunterricht.
  3. Teilhabe am Arbeitsleben: Förderungen, die die Ausübung bzw. Sicherung einer geeigneten Beschäftigung ermöglichen, z.B. Berufsvorbereitung.
  4. Soziale Teilhabe: Förderungen, die eine gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben erleichtern, z.B. Leistung zur Mobilität.
Bis 2020 war die Eingliederungshilfe Teil der Sozialhilfe. Nur Personen, die finanziell bedürftig waren, konnten die Leistungen beantragen. Seit der neuen Regelung können jedoch auch Personen ohne Anspruch auf Sozialhilfe Anspruch auf Eingliederungshilfe haben.

Eingliederungshilfe: Wie werden Menschen mit Behinderung unterstützt?Welche Leistungen der Eingliederungshilfe gibt es?

Die Leistungen der Eingliederungshilfe sind, wie bereits erwähnt, in vier Kategorien unterteilt: medizinische Rehabilitation, Teilhabe an Bildung, Teilhabe am Arbeitsleben und soziale Teilhabe. Antragsberechtigte Personen können die Eingliederungshilfe demnach für eine Leistung aus einer dieser Kategorien beantragen.

Welchen Umfang die Leistungen aus den unterschiedlichen Kategorien haben, ist nicht gesetzlich vorgeschrieben. Stattdessen wird im Einzelfall nach folgenden Kriterien entschieden:

  • Was wünscht sich der Antragsteller?
  • Was braucht der Antragsteller?
  • Wie, wo und mit wem wohnt der Antragsteller?
  • Wie ist die persönliche Situation des Antragstellers?
  • Welche eigenen Mittel hat der Antragsteller?
Wie lange bekommt man Eingliederungshilfe?
Eingliederungshilfe gibt es so lange, bis das Ziel erfüllt wird bzw. so lange, bis die Aussicht besteht, dass das Ziel erfüllt werden kann. Einen lebenslangen Anspruch auf Eingliederungshilfe gibt es allerdings nicht.

Basierend auf diesen Kriterien erstellt der Träger der Eingliederungshilfe gemeinsam mit dem Antragsteller einen Gesamtplan, der den Bedarf der Person feststellt. In einigen Fällen gibt es mehrere Möglichkeiten, den Bedarf der Person zu decken. Hier gilt, dass:

  • die angemessenen Wünsche des Antragstellers berücksichtigt werden müssen.
  • die Wünsche nicht unverhältnismäßig teuer sind.
  • die gewährten Leistungen zumutbar sind.
Unverhältnis teuer ist eine Leistung dann, wenn das erzielte Ergebnis auch mit einer günstigeren Leistung erreicht werden kann. Diese gewährte Leistung muss jedoch zumutbar sein, d.h. dass eine Person mit Behinderung nicht dazu gezwungen werden darf, anders zu leben, als sie es gerne möchte.

Wer bekommt Eingliederungshilfe?

Grundsätzlich gilt, dass Menschen mit einer wesentlichen Behinderung bzw. einer drohenden wesentlichen Behinderung Eingliederungshilfe bekommen können. Eine wesentliche Behinderung liegt dann vor, wenn die Person in ihren Fähigkeiten so eingeschränkt ist, dass sie nicht bzw. nur eingeschränkt am gesellschaftlichen Leben teilhaben kann. Dies betrifft demnach sowohl Personen mit einer körperlichen als auch mit einer geistigen Behinderung.

Bei der Prüfung, ob eine geistige Behinderung wesentlich ist, kommt es nicht auf den Umfang der Behinderung an, sondern darauf, wie die Beeinträchtigung sich auf die Teilhabe auswirkt. Es darf hier demnach nicht ausschließlich der Grad der Behinderung bzw. der IQ als Kriterium genommen werden.

Personen mit einer (drohenden) wesentlichen Behinderung haben einen Rechtsanspruch auf die Eingliederungshilfe, wenn:

  • ein Bedarf an einer Reha- bzw. Teilhabeleistung besteht
  • kein anderer Sozialträger vorrangig für die Übernahme der Kosten zuständig ist
  • die angestrebte Leistung Erreichbarkeit der Ziele der Eingliederungshilfe verspricht
Achtung
Ist das Ziel der Eingliederungshilfe nicht erreichbar, so wird der Antrag abgelehnt. Dies ist dann der Fall, wenn beispielsweise keine Besserung der Krankheit möglich, die Person für den gewünschten Arbeitsplatz nicht geeignet oder die Teilhabe an einer Aktivität unmöglich ist.

Die Nationalität des Antragstellers ist für die Eingliederungshilfe grundsätzlich nicht relevant. So können auch Personen, die nicht die deutsche Staatsangehörigkeit haben, aber in Deutschland leben, einen Antrag auf die Leistung stellen. Sie dürfen jedoch hierfür keine Leistungen des Asylbewerberleistungsgesetzes beziehen. Personen mit deutscher Staatsangehörigkeit, die im Ausland residieren, haben im Regelfall keinen Anspruch auf die Finanzhilfe.

Weitere Informationen
Sie möchten mehr darüber erfahren, auf welche Leistungen Sie als Person mit Behinderung Anspruch haben? Dann lesen Sie beispielsweise unsere Artikel zu den Themen familienentlastender Dienst und persönliches Budget.

Antrag auf Eingliederungshilfe: Wie geht das?

Seit den neuen Regelungen gilt, dass Leistungen der Eingliederungshilfe beantragt werden müssen. Der Antrag auf Eingliederungshilfe muss bei der zuständigen Behörde für Eingliederungshilfe beantragt werden. Welche Behörde das ist, hängt vom jeweiligen Bundesland ab. Wie das Antragsverfahren genau aussieht, ist von der jeweiligen Behörde abhängig. Meist muss ein Antrag ausgefüllt und entsprechende Nachweise eingereicht werden.

Sie wissen nicht, welche Behörde für Sie zuständig ist. Dann informieren Sie sich bei der Lebenshilfe-Einrichtung vor Ort.

Nach der Antragstellung folgt das Gesamtplanverfahren. Hier ermittelt der Träger der Eingliederungshilfe zusammen mit dem Antragsteller den Bedarf. Nach Abschluss des Verfahrens stellt der Träger fest, welche Leistungen erforderlich sind. Das Ergebnis wird im Gesamtplan festgehalten. Basierend darauf wird der Leistungsbescheid erlassen.

Der Gesamtplan soll mindestens alle zwei Jahre überprüft werden. Gibt es Änderungen, müssen diese schnellstmöglich in den Plan eingearbeitet und bei den Leistungen berücksichtigt werden.

In einigen Fällen kommt es zu einem sogenannten Teilhabeplanverfahren. Dies ist dann erforderlich, wenn Leistungen verschiedener Leistungsgruppen bzw. Rehabilitationsträger erforderlich sind. Während dieses Verfahren sollen sich die verschiedenen Träger abstimmen und einen gemeinsamen Gesamtplan erstellen.

Wichtig
Der Antragsteller ist in das gesamte Verfahren eingebunden. Möchte er dennoch stärker beteiligt werden, so kann er einen Antrag auf eine Gesamtplankonferenz stellen. Dadurch soll eine Beratung auf Augenhöhe ermöglicht werden. Einen Anspruch auf die Durchführung einer solchen Konferenz gibt es jedoch nicht.

Wer zahlt die Eingliederungshilfe?

Die Eingliederungshilfe ist eine staatliche Leistung. Dennoch können Antragsteller gezwungen sein, sich an den Kosten zu beteiligen. Dies ist vom Einkommen und Vermögen des Antragstellers abhängig.

Seit den neuen Regelungen ist der Vermögensfreibetrag deutlich höher als zuvor. Zudem wird nur noch das Einkommen bzw. Vermögen der Person mit Behinderung berücksichtigt und nicht beispielsweise jenes des Partners. Eine Ausnahme wird gemacht, wenn die Person mit Behinderung minderjährig ist. Hier kommt es auf das Einkommen und Vermögen der Eltern an.

Eingliederungshilfe: Anspruch, Dauer und Höhe der Leistungen

Neben dem Einkommen und Vermögen spielen auch die beantragten Leistungen eine wichtige Rolle. So gibt es Leistungen, die grundsätzlich kostenfrei sind und andere, bei denen ggf. eine Kostenbeteiligung anfällt. Zu den sogenannten privilegierten Leistungen gehören u.a.:

  • Heilpädagogische Leistungen für Kinder, die noch nicht eingeschult sind
  • Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
  • Hilfen zur Schulbildung

Zu den Leistungen, bei denen eine Kostenbeteiligung fällig werden kann, gehören u.a.:

  • Assistenzleistungen zur sozialen Teilhabe, z.B. Assistenz zur eigenen Wohnung
  • Leistungen zur Mobilität
Wie hoch ist der Vermögensfreibetrag für die Eingliederungshilfe?
Der Vermögensfreibetrag für die Eingliederungshilfe lag im Jahr 2022 bei einer jährlichen Bezugsgröße von 39.480 €. Welches Einkommen zu dieser jährlichen Bezugsgröße zählt, hängt von der Einkommensart und der persönlichen Situation des Antragstellers ab. Hat der Antragsteller beispielsweise minderjährige Kinder, so liegt der der Freibetrag höher.

Camille ist seit Januar 2022 Redakteurin im Team von DeinHilfexpert und schreibt Artikel für den Ausbau des deutschen Servicebereichs. Sie absolviert derzeit ein duales Studium an der ISCOM Schule in Paris und im Unternehmen DeinHilfexpert.


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