Familie

Ehegattenunterhalt: Welche Ansprüche nach der Scheidung?

19. September 2022 von Camille - 7 Minuten Lesezeit

Ehegattenunterhalt: Welche Ansprüche nach der Scheidung?

Der Ehegattenunterhalt ist der Unterhalt, den Ehepartner sich gegenseitig schuldig sind, um die Familie zu ernähren – und das unter Umständen auch nach der Scheidung. Sie möchten wissen, wann, wie lange und wie viel Ehegattenunterhalt gezahlt werden muss? Dein Hilfexpert hat die Antwort auf all Ihre Fragen.

Wie lange muss Ehegattenunterhalt gezahlt werden?

Der Ehegattenunterhalt ist der Unterhalt, den Ehepartner sich während der Ehe schuldig sind. Diese Unterhaltspflicht kann unter bestimmten Voraussetzungen auch nach der Ehe, das bedeutet in der Trennungsphase oder gar nach der Scheidung bestehen. Hier muss dann der finanziell besser aufgestellten Partner dem anderen Partner für einen bestimmten Zeitraum Unterhalt zahlen.

Weitere Informationen
Sie möchten mehr über die unterschiedlichen Formen der Unterhaltszahlung erfahren? Dann lesen Sie unseren Artikel über den Trennungsunterhalt.

Wie lange der Ehegattenunterhalt nach der Scheidung gezahlt werden muss, ist nicht im Gesetz festgeschrieben. Oftmals wird hier im Einzelfall entschieden. War ein Partner beispielsweise für den Haushalt und die Kinder zuständig und konnte aus diesem Grund nicht arbeiten, kann ein unbefristeter Anspruch genehmigt werden.

Einen lebenslangen Anspruch auf Ehegattenunterhalt gibt es in der Regel nicht. Oftmals ist die Zahlung zeitlich begrenzt. In einigen Fällen kann sie jedoch unbefristet sein. Dies ist beispielsweise oftmals der Fall, wenn die Ehe länger als 20 Jahre gedauert hat.

Wann muss Ehegattenunterhalt gezahlt werden?

Während der Ehe macht sich der Ehegattenunterhalt selten bemerkbar. Die Ehepartner sind gemeinsam für den Familienunterhalt zuständig und einigen sich untereinander über die Aufteilung der Aufgaben. Wird die Ehe jedoch geschieden, so stellt sich die Frage, ob einer der Eheleute weiterhin Anspruch auf den Ehegattenunterhalt hat. Dies kann in den folgenden Situationen der Fall sein:

  • Kinderbetreuung
  • Krankheit
  • Gebrechen
  • Erwerbslosigkeit
  • Ausbildung
  • Aufstockung
  • Billigkeitsgründe
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Sie sind alleinerziehend und möchten wissen, auf welche finanziellen Förderungen Sie Anspruch haben? Dann lesen Sie unsere Artikel über den Entlastungsbetrag und den Unterhaltsvorschuss.

Möglichkeit 1: Unterhalt wegen Kinderbetreuung

Kann ein Ehegatte nach der Scheidung nicht arbeiten, weil er sich um das gemeinsame Kind kümmert, hat er Anspruch auf den Ehegattenunterhalt. Dies gilt allerdings nur für die ersten drei Lebensjahre des Kindes. Anschließend muss der betreuende Elternteil erneut eine Erwerbstätigkeit, zumindest in Teilzeit, aufnehmen.

In Einzelfällen kann der Anspruch auf den Ehegattenunterhalt auch über die ersten drei Lebensjahre hinausgehen. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn der betreuende Elternteil nicht arbeiten kann, weil das Kind gesundheitliche Probleme oder Schwierigkeiten in der Schule hat. Es kommt also viel mehr auf das Wohl des Kindes und die Betreuungsmöglichkeiten als auf sein genaues Alter an.

Kümmert sich der betreuende Elternteil um ein behindertes Kind, so kann der Anspruch auf Ehegattenunterhalt auch noch nach der Volljährigkeit des Kindes Bestand haben.

Möglichkeit 2: Unterhalt wegen Krankheit

Kann ein Ehepartner aufgrund von Krankheit nicht arbeiten, so hat er grundsätzlich Anspruch auf den Ehegattenunterhalt. Hierfür muss er seine gesundheitliche Einschränkung und dessen Auswirkung auf seine Erwerbsfähigkeit jedoch mit einem ärztlichen Attest belegen.

Wichtig
Damit der Anspruch auf die Unterhaltszahlung gültig ist, muss die Erkrankung bereits vor der Scheidung aufgetreten sein. Andernfalls kann kein Ehegattenunterhalt wegen Krankheit verlangt werden.

Möglichkeit 3: Unterhalt wegen Gebrechen

Ehegatten, die aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters keinen Job mehr finden bzw. nicht mehr arbeiten können, können Ehegattenunterhalt beantragen. Eine festgeschriebene Altersgrenze gibt es hierbei nicht. Stattdessen kann man sich an der Regelrentenaltersgrenze orientieren.

Weitere Informationen
Sie stehen kurz vor der Rente, aber wissen nicht, ob Sie die gesetzliche Rente beantragen können bzw. wie das Antragsverfahren abläuft? Dann lesen Sie unseren Artikel über den Rentenantrag.

Möglichkeit 4: Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit

Anspruch auf den Ehegattenunterhalt haben auch Personen, die nach der Scheidung erwerbslos und arbeitssuchend sind. Hierfür müssen sie allerdings bei der Agentur für Arbeit als arbeitslos gemeldet sein und sich zudem aktiv um eine Erwerbstätigkeit bemühen.

Der Anspruch auf Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit besteht nur, wenn kein Antrag auf Ehegattenunterhalt wegen Kinderbetreuung bzw. Krankheit oder gebrechen eingereicht wurde.

Möglichkeit 5: Unterhalt wegen Ausbildung

Ehegattenunterhalt: Welche Ansprüche nach der Scheidung?Eheleute, die während der Ehe eine Ausbildung abgebrochen bzw. nicht angefangen haben, weil sie sich beispielsweise um die Kinder gekümmert haben, können Ehegattenunterhalt während der Ausbildungszeit bekommen. Hierfür müssen sie die Ausbildung allerdings zeitnah nach der Scheidung beginnen bzw. fortsetzen.

Möglichkeit 6: Unterhalt zur Aufstockung

Hat einer der beiden Ehepartnern ein deutlich höheres Gehalt als der andere, so kann Letztere den Ehegattenunterhalt zur Aufstockung beantragen. Auf diese Weise sollen die fehlenden Einkünfte zur Aufrechterhaltung des Lebensstandards ausgeglichen werden.

Der Anspruch wird hier nach dem Halbteilungsgrundsatz ermittelt: Verdient ein Ehepartner monatlich 6.000 € und der andere 2.000 €, so liegt der Bedarf bei 4.000 € pro Person. Der erste Ehepartner ist dem anderen demnach 2.000 € im Monat von seinem eigenen Gehalt schuldig. Diese Zahlung kann jedoch im Einzelfall heruntergesetzt oder befristet werden.

Möglichkeit 7: Unterhalt aus Billigkeitsgründen

Neben der Liste konkreter Gründe, aus denen Anspruch auf Ehegattenunterhalt besteht, wird die Unterhaltszahlung auch im Einzelfall genehmigt. Dies ist dann der Fall, wenn der Antragsteller nicht arbeiten kann und es grob unbillig wäre, ihm keinen Unterhalt zu zahlen.

Personen, die beispielsweise keinen Anspruch auf Unterhalt wegen Krankheit haben, weil die Krankheit erst nach der Scheidung aufgetreten ist, können Unterhalt aus Billigkeitsgründen beantragen.

Wichtig
Den Ehegattenunterhalt nach der Scheidung gibt es in der Regel nur, wenn der Grund bereits vor der Schiedung besteht. Eine Ausnahme wird dann gemacht, wenn der Unterhaltsgrund ohne zeitliche Lücke wechsel. Bekommt eine Person beispielsweise Ehegattenunterhalt, weil sie sich um die Kinder kümmert und wird anschließend arbeitssuchend, kann sie den Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit beantragen.

Ehegattenunterhalt berechnen: Wie viel Geld bekommt man?

Der Ehegattenunterhalt ist vom Gehalt beider Ehepartner abhängig und wird aus diesem Grund im Einzelfall berechnet. Grundsätzlich gilt, dass der mehr verdienende Ehegatte die Hälfte seines anrechenbaren Bruttoeinkommens an den anderen Ehegatten zahlen muss.

Hat der andere Ehegatte ein Einkommen, dass jedoch deutlich geringer als das vom ersten Ehepartner ist, so muss Letzterer die Differenz zwischen diesem geringen Einkommen und der Hälfte des anrechenbaren Bruttoeinkommen als Ehegattenunterhalt zahlen.

Ehegattenunterhalt: Welche Ansprüche nach der Scheidung?Damit der Ehegattenunterhalt berechnet werden kann, muss demnach vorerst das anrechenbare Bruttoeinkommen ermittelt werden. Von dem Bruttoeinkommen werden hierfür folgende Abzüge gemacht:

  • Steuern
  • Sozialabgaben
  • berufsbedingte Aufwendungen
  • Altersvorsorge
  • ggf. Kindesunterhalt

Zusätzlich zu diesen Abzügen hat der Unterhaltspflichtige einen Anspruch auf den sogenannten Bonus für Erwerbstätige. Dieser liegt bei 1/10 des bereinigten Bruttoeinkommens. Von dem Ergebnis, muss die betroffene Person nun die Hälfte bzw. die Differenz zwischen der Hälfte und dem Gehalt des Ex-Partners an den Ex-Partner zahlen.

Achtung
Bei der Berechnung des Ehegattenunterhaltes muss der Selbstbehalt von 1.280 € berücksichtigt werden. Das bedeutet, dass dem zahlenden Partner monatlich 1.280 € zum Leben erhalten bleiben müssen. Andernfalls kann er nicht zur Zahlung verpflichtet werden.

Wer hat Anspruch auf den Ehegattenunterhalt?

In der Regel sollten nach einer Scheidung sollten Ehegatten auch finanziell getrennte Wege gehen. Der Anspruch auf Ehegattenunterhalt sollte demnach die Ausnahme bleiben. Dennoch gibt es eine Reihe von Situationen, in denen der Anspruch auf die Leistung bestehen bleibt. Grundvoraussetzung ist hier, dass der Antragsteller hilfebedürftig ist und einen besonderen Grund hat, die finanzielle Unterstützung zu beantragen.

Bei dem besonderen Grund muss es sich um eine der soeben aufgelisteten Möglichkeiten haben, z.B. Kinderbetreuung oder Krankheit.

Hilfebedürftig ist eine Person, die kein ausreichendes Einkommen bzw. Vermögen hat, um alleine ihren Lebensstandard zu bestreiten. Um Anspruch auf den Ehegattenunterhalt zu haben, muss die betroffene Person sich allerdings bemühen, diese Hilfebedürftigkeit aufzuheben. Konkret bedeutet das, dass sie im Rahmen des Möglichen nach einer Erwerbstätigkeit suchen muss.

Bemüht die Person sich nicht aktiv um eine Anstellung, so wird ihr ein fiktives Einkommen zugerechnet, das ihrer Ausbildung und Fähigkeiten entspricht. Auch wenn die Person eine neue Lebenspartnerschaft eingeht, entfällt ihr Anspruch auf den Ehegattenunterhalt.

Wer muss Ehegattenunterhalt bezahlen?
Auch wenn die Bedingungen für den Ehegattenunterhalt erfüllt werden, muss die Pflicht nur dann erfüllt werden, wenn der Ehepartner leistungsfähig ist. Das bedeutet, dass die betroffene Person Unterhalt zahlen kann, ohne den eigenen Lebensunterhalt zu gefährden. Der sogenannte Selbstbehalt liegt aktuell bei 1.280 €.

Camille ist seit Januar 2022 Redakteurin im Team von DeinHilfexpert und schreibt Artikel für den Ausbau des deutschen Servicebereichs. Sie absolviert derzeit ein duales Studium an der ISCOM Schule in Paris und im Unternehmen DeinHilfexpert.


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