Finanzen

Zwangsvollstreckung: Wie läuft ein solches Verfahren ab?

26. August 2022 von Camille - 8 Minuten Lesezeit

Zwangsvollstreckung: Wie läuft ein solches Verfahren ab?

Die Zwangsvollstreckung ist ein staatliches Verfahren, bei dem der Schuldner dazu gezwungen wird, seine Finanzen beim Gläubiger zu begleichen. Sie möchten wissen, wie es zu einem solchen Verfahren kommen kann und wie das Verfahren genau abläuft? Dein Hilfexpert hat die Antwort auf all Ihre Fragen.

Was ist eine Zwangsvollstreckung?

Bei einer Zwangsvollstreckung handelt es sich um ein Verfahren, bei dem ein Gläubiger seine Schuldenansprüche gegenüber seinem Schuldner mit Hilfe von staatlichen Mitteln geltend macht. Konkret bedeutet das, dass der Gläubiger den Staat bei der Eintreibungen seiner Schuldenansprüche um Hilfe bitten.

Definition Gläubiger und Schuldner
Der Begriff Gläubiger bezeichnet eine Person, die von einer anderen Person, dem Schuldner eine Leistung fordern kann. Zwischen diesen beiden Personen besteht demnach ein Schuldverhältnis. Sowohl der Gläubiger als auch der Schuldner können eine natürliche oder juristische Person sein. Es kann sich also um Banken, Unternehmen und/ oder Privatpersonen handeln.

Werden die Schuldenansprüche vom Staat anerkannt, so erhält der Gläubiger eine Vollstreckungstitel, mit dem er ein Vollstreckungsgericht beauftragen kann. Solch ein Titel kann beispielsweise ein Vollstreckungsbescheid, ein Gerichtsurteil oder ein Unterhaltsfestsetzungsbeschluss sein. In den meisten Fällen wird die eigentliche Zwangsvollstreckung anschließend vom Gerichtsvollzieher durchgeführt.

Wichtig
Die Zwangsvollstreckung kann nur in der Regel nicht vom Gläubiger selbst durchgeführt werden. Eine private Durchführung der Vollstreckung wurde unter die Kategorie Selbstjustiz fallen und wäre demnach rechtswidrig.

Formen der Zwangsvollstreckung

Zwangsvollstreckung: Wie läuft ein solches Verfahren ab?Dem Gerichtsvollzieher stehen verschiedene Möglichkeiten der Zwangsvollstreckung zur Verfügung. So kann er beispielsweise je nach Forderung zwischen den folgenden Maßnahmen wählen:

  • Mobiliarvollstreckung: Hier kann der Gerichtsvollzieher die Wohnung des Schuldners nach pfändbaren Gegenständen durchsuchen. Diese Gegenstände werden vom Gerichtsvollzieher kenntlich mit einem Pfandsiegel gemacht und dürfen anschließend nicht mehr vom Schuldner genutzt werden.
  • Forderungsvollstreckung: Hier können Forderungen des Schuldners, die dieser gegenüber einer dritten Person hat, gepfändet werden. Hierzu zählen beispielsweise der Lohn bzw. das Gehalt des Schuldners oder Mietansprüche, die dieser gegenüber einem eventuellen Mieter hat. Der dritten Person wird in solch einem Fall verboten, die Forderungen vollständig an den Schuldner zu zahlen. Stattdessen wird beispielsweise ein Teil des Lohnes an den Gläubiger überwiesen.
  • Immobiliarvollstreckung: Hier kann der Gläubiger die Immobilie des Schuldners entweder zwangsversteigern oder zwangsverwalten.
  • Herausgabevollstreckung: Ist der Schuldner dem Gläubiger eine bewegliche bzw. eine unbewegliche Sache schuldig, so kann er zur Herausgabe dieser Sache gezwungen werden. In solch einem Fall erhält er die schriftliche Aufforderung, die geschuldete Sache an den Gläubiger zu übertragen.
  • Handlungsvollstreckung: Fordert der Gläubiger vom Schuldner eine bestimmte Handlung, so kann der Schuldner zur Ausführung dieser Handlung gezwungen werden. Man unterscheidet hier zwischen einer vertretbaren und nicht vertretbaren Handlung. Bei der vertretbaren Handlung wird bei Nichtausführung der Handlung eine andere Person auf Kosten des Schuldners beauftragt. Andernfalls fällt eine Strafzahlung an.
  • Unterlassungsvollstreckung: Ist der Schuldner dazu verpflichtet, eine bestimmte Handlung zu unterlassen, so kann ein Strafgeld verhängt werden, wenn er gegen die Aufforderung verstößt.

Zwangsvollstreckung Ablauf: Wie läuft das Verfahren ab?

Damit es zu einer Zwangsvollstreckung kommen kann müssen grundsätzlich drei Voraussetzungen erfüllt werden:

  1. Der Gläubiger muss über einen Vollstreckungstitel verfügen. Dieser Titel bescheinigt, dass der Gläubiger einen Anspruch gegenüber dem Schuldner hat. Ein solcher Anspruch kann sowohl die Zahlung einer Geldsummer sein, als auch die Ausführung einer Handlung bzw. die Unterlassung einer Handlung.
  2. Der Vollstreckungstitel muss mit einer sogenannten Vollstreckungsklausel versehen sein. Diese Klausel bescheinigt, dass der Gläubiger den Vollstreckungstitel vollstrecken darf.
  3. Die Zwangsvollstreckung darf allerdings erst dann vollzogen werden, wenn der Gläubiger dem Schuldner den Vollstreckungstitel zugestellt hat. Wie diese Zustellung erfolgt, ist von der Form der Vollstreckung abhängig. Wird beispielsweise ein Gerichtsvollzieher beauftragt, so erfolgt die Zustellung des Titels zeitgleich zur Vollstreckung.

Werden diese Voraussetzungen erfüllt, so kann die eigentliche Zwangsvollstreckung vollzogen werden. Der genaue Ablauf ist hier von dem Anspruch des Gläubiger und der damit verbundenen Vollstreckungsform abhängig. Schuldet der Schuldner dem Gläubiger beispielsweise Geld, so kann es zur Mobiliar-, Immobiliar- oder Forderungsvollstreckung kommen.

Beispiel Ablauf der Mobiliarvollstreckung

Bei der Mobiliarvollstreckung begibt sich der Gerichtsvollzieher zur Wohnung des Schuldners, um nach pfändbaren Gegenständen wie Elektrogeräte, Möbel, Schmuck und Fahrzeuge zu suchen. Der Schuldner ist nicht dazu verpflichtet, den Zwangsvollstrecker eintreten zu lassen. Nach zwei Versuchen, kann letzterer jedoch eine richterliche Durchsuchungsanordnung nutzen, um sich Zutritt zu verschaffen und die Zwangsvollstreckung durchzuführen.

Zwangsvollstreckung: Was darf nicht gepfändet werden?
Einige Gegenstände dürfen auch bei einer Zwangsvollstreckung nicht gepfändet werden. Hierbei handelt es sich um Gegenstände, die für eine “bescheidene Lebensführung” benötigt werden, wie z.B. Betten, Fernseher und Kleidung.

Sobald der Gerichtsvollzieher die Wohnung betreten hat, kann er diese komplett durchsuchen. Zur Durchführung der Zwangsvollstreckung, kann er jegliche Räume betreten und sogar Schubladen und Schränke öffnen. Pfändbare Gegenstände markiert er entsprechend. Kleinere Gegenstände nimmt der Vollstrecker meist sofort mit. Größere werden oftmals in der Wohnung gelassen und später abgeholt. In der Zwischenzeit darf der Schuldner diese nicht mehr nutzen.

Nach der Durchsuchung können die pfändbaren Gegenstände zwangsversteigert und der Erlös an den Gläubiger weitergeleitet werden. In solch einem Fall hat der Schuldner allerdings eine Woche Zeit, um das Geld aufzutreiben und somit den Verkauf seines Eigentums zu verhindern.

Im Rahmen dieser Art der Zwangsvollstreckung kann der Schuldner zudem dazu aufgefordert werden, eine Vermögensauskunft zu erstellen. Hier muss er genau angeben, welche Vermögensgüter er besitzt. Dies betrifft sowohl Geldvermögen als auch Vermögensgegenstände.

Beispiel Ablauf der Forderungsvollstreckung

Bei der Forderungsvollstreckung handelt es sich um eine Form der Zwangsvollstreckung bei der der Gläubiger eine Forderung des Schuldners, die dieser gegenüber einer dritten Person hat, pfänden lassen kann. Beispiele für solche Forderungen sind:

  • der Lohn bzw. das Gehalt des Schuldners
  • die Miete, die der Schuldner aus Mietzahlungen bezieht
  • der Anspruch des Schuldners auf Steuererstattung

Um eine solche Zwangsvollstreckung durchführen zu können, muss das Vollstreckungsgericht einen sogenannten Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erstellen. Durch diesen Beschluss wird der eigentliche Schuldner zum Gläubiger. Er kann nun nämlich von der dritten Person, dem sogenannten Drittschuldner, eine Zahlung verlangen. Über diese Zahlung darf er jedoch nicht selbst verfügen. Stattdessen muss er sie an den eigentlichen Gläubiger weiterleiten.

Auch bei dieser Zwangsvollstreckung ist der Gerichtsvollzieher für die Pfändung zuständig. Das bedeutet, dass der Gerichtsvollzieher für die Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschluss an den Schuldner und an den Drittschuldner verantwortlich ist.

Zwangsvollstreckung: Wie läuft ein solches Verfahren ab?Je nach Art der Pfändung gelten bestimmte Besonderheiten. Wird beispielsweise das Arbeitseinkommen des Schuldners gepfändet, so darf die Pfändungsfreigrenze nicht überschritten werden. Es kann also nur ein Teil des Einkommens eingezogen werden. Der Schuldner muss stets genügend Einkommen zur Existenzsicherung haben.

Wird beispielsweise das Konto des Schuldners bei der Zwangsvollstreckung gepfändet, so hat er grundsätzlich keinen Zugriff mehr auf dieses Konto. Damit er dennoch Zugriff auf sein nicht gepfändetes Einkommen hat, muss er ein sogenanntes Pfändungsschutzkonto bei seiner Bank eröffnen.

Beispiel Ablauf der Handlungsvollstreckung

Die Handlungsvollstreckung unterscheidet sich von soeben vorgestellten Vollstreckungsarten, da es hier nicht um eine Geldzahlung, sondern um das Ausführen einer Handlung geht. Der Schuldner ist dem Gläubiger also eine Handlung schuldig. Man unterscheidet hier zwischen:

  • einer vertretbaren Handlung: Die Handlung muss nicht von dem Schuldner durchgeführt werden, sondern kann auch von einer dritten Person verrichtet werden, z.B. das Fällen eines Baumes.
  • einer nicht vertretbaren Handlung: Nur der Schuldner kann diese Handlung durchführen, z.B. die Erstellung einer Nebenkostenabrechnung.

Bei der dieser Zwangsvollstreckung erhält der Schuldner den entsprechenden Vollstreckungstitel, der ihn dazu auffordert, die Handlung durchzuführen. Kommt er dieser Aufforderung nicht nach, so sind die Konsequenzen von der Art der Handlung abhängig:

  • Bei einer vertretbaren Handlung kann der Gläubiger die Handlung auf Kosten des Schuldners vornehmen lassen.
  • Bei einer nicht vertretbaren Handlung erlässt das Gericht ein sogenanntes Zwangsgeld, das bis zu 25.000 € betragen kann. In Ausnahmefällen kann es sogar zu einer Zwangshaft kommen. 
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Camille ist seit Januar 2022 Redakteurin im Team von DeinHilfexpert und schreibt Artikel für den Ausbau des deutschen Servicebereichs. Sie absolviert derzeit ein duales Studium an der ISCOM Schule in Paris und im Unternehmen DeinHilfexpert.


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